Die Schönheitskönigin
1961 gewinnt Marlene Schmidt den Titel Miss Germany und wird damit auf einen Schlag zur Berühmtheit. Medien beschreiben ihre Schönheit, Marken möchten mit ihrem Gesicht werben. Doch wie kommt es dazu, dass diese aus einem unscheinbaren Dorf in der DDR stammende Frau plötzlich so berühmt ist?
1937
Kommt in Breslau in der DDR zur Welt
1960
Nach einem abgeschlossenen Studium arbeitet sie als Ingenieurin für pneumatische Messgeräte
1961
Sieg der Miss Germany-Wahl in Baden-Baden
Im gleichen Jahr gewinnt sie den Titel Miss Universe in Miami Beach und wird damit zur schönsten Frau der Welt gekürt
Pretty in Pink
Das Kleid der Schönheitskönigin
Material, Farbe & Schnitt
Das figurbetonte Cocktailkleid besteht aus pinkfarbener Wildseide und betont durch seinen schulterfreien Schnitt eine feminine Silhouette. Es hat einen knielangen, doppellagigen Rock, der unterhalb der Taille ansetzt. In die obere Lage sind seitlich Falten eingearbeitet, die die Hüftpartie betonen, während ein seitlicher Schlitz den Blick auf den partiell bestickten Unterrock freigibt. Eine dekorative Schleife an der Ansatznaht betont diesen Schlitz zusätzlich. Über- und Unterrock sind mit cremefarbenem Stoff gefüttert und von Hand gesäumt.
Korsage & Konstruktion
Die Korsage ist cremefarben gefüttert, mit eingenähten Stäbchen verstärkt und mit einem Taillenband versehen. Sie bietet Struktur und Halt. Eine plastische Goldstickerei mit floralen Motiven, ergänzt durch silberne Pailletten, Glas- und Stabperlen, Perlmuttperlen sowie Strass, verleiht dem Oberteil besondere Tiefe und Glanz. Zwei Perlenbordüren aus Zackenbändern rahmen die Stickerei optisch ein.
Verarbeitung & Technik
Das Kleid wurde sowohl maschinell als auch von Hand verarbeitet – Details wie das händische Säumen und die sichtbaren Handstiche im Oberteil zeugen davon. Diese Nähte in kontrastierendem Garn sowie die deutlich sichtbare Reißverschlusslösung im Oberteil deuten auf nachträgliche Anpassungen oder Reparaturen hin. Der lange, rosafarbene Metallreißverschluss wird im Rockbereich von einer Stoffblende verdeckt.
Tragespuren & Gebrauch
Veränderungen und Spuren am Kleid sprechen für wiederholten Gebrauch. Tragespuren wie Schweißränder belegen die tatsächliche Nutzung jenseits der makellosen Präsentation. Marlene Schmidt trug das Kleid am Tag nach ihrer Wahl zur Miss Universe und bei weiteren öffentlichen Auftritten während ihrer Amtszeit.
Wirkung & Inszenierung
Das Design – mit seiner Farbgebung, dem edlen Material und der betonten Silhouette – erzeugt eine gezielt feminine Wirkung. Die aufwendige Gestaltung erfüllt dabei nicht nur ästhetische, sondern auch symbolische Zwecke: Sie dient der Repräsentation eines idealisierten, gesellschaftlich anerkannten Körperbildes.
Medien & Marke
Das Tragen des Kleides durch Marlene Schmidt rückte das Modehaus Fredeking Berlin in die öffentliche Wahrnehmung. Die mediale Aufmerksamkeit, die das Kleid erhielt, wäre dem Modehaus ohne diesen Anlass vermutlich nicht zuteilgeworden – ein Beispiel dafür, wie Prominenz Modekarrieren beeinflussen kann.
Konsum & Kritik
Seit dem frühen 20. Jahrhundert haben Unternehmen Schönheitswettbewerbe gezielt genutzt, um Konsumbedürfnisse zu erzeugen – vor allem bei Frauen. Produkte wie dieses Kleid sollten suggerieren, dass man dem temporären Schönheitsideal näherkommt. Auch wenn öffentliche Bewertungen weiblicher Attraktivität heute kritisiert werden, prägen sie weiter den Alltag. Das Kleid steht exemplarisch für diesen Spannungsbogen zwischen Ideal, Konsumversprechen und gesellschaftlicher Realität.