200 Tonnen Stahl

16.10.2018 Britta Handke

Die Podiumsbrücke über die Aa wird 47 Meter lang und 14 bis 18 Meter breit.

Spektakulärer Brückenbau verbindet Weberei und Spinnerei

Ganz langsam heben die beiden Kräne ihre schwere Last an: Ein rund 20 Meter langes Seitenteil der neuen Podiumsbrücke über der Bocholter Aa mitten im Kubaai-Viertel hängt nun an ihren Haken und wird behutsam aufgerichtet. Die Morgensonne taucht die riesige Baustelle am nördlichen Ufer der Aa, direkt neben dem TextilWerk-Standort Weberei, in ein warmes Licht, das Rostrot der Brücke glitzert dabei besonders intensiv. Passanten sind vor den Gitterzäunen stehen geblieben, bestaunen die riesigen Stahlträger. Ein 85-Jähriger ist zutiefst beeindruckt: „Wat’n Monster“, ruft er laut.

47 Meter misst die Brücke in der Länge, 14 bis 18 Meter in der Breite – und allein das Stahlgerippe wiegt mehr als 200 Tonnen. Für Museumsleiter Dr. Hermann Stenkamp ist der Brückenbau ein entscheidendes Ereignis: „Die Podiumsbrücke ist das zentrale Bauwerk der vergangenen Jahre. Die beiden Standorte des TextilWerks werden durch sie verbunden und rücken damit auch räumlich näher zusammen.“

Ein Seitenteil der Podiumsbrücke wird von zwei Kränen aufgerichtet.

Die ersten der 28 Hauptelemente der Brücke trafen am 2. Oktober ein. Seitdem haben die Mitarbeiter der sächsischen Montagefirma bereits die beiden westlichen Seitenteile zusammengeschweißt und sie durch Querträger mit der gegenüberliegenden Wange verschraubt. Noch im Oktober soll die Brücke über der Aa in Position gebracht werden. Planer Thomas Plischek von der Ingenieurgesellschaft Lindschulte in Münster erklärt die Vorgehensweise: „Die Brücke wird von der nördlichen Uferseite bis an das Ufer der Aa gefahren. Dies geschieht mit SPMTs, also mobilen Fahreinheiten. Von dort aus wird die Brücke von vier schweren Mobilkranen aufgenommen und in die Endposition gehoben.“

Schlosser Bernd Wähler gehört zu den Monteuren der neuen Brücke, die die beiden TextilWerk-Standorte Weberei und Spinnerei (im Hintergrund zu sehen) miteinander verbinden wird.

Dann gehen die „Ausstattungsarbeiten“ weiter, wie Plischek erklärt: „Diese bestehen beispielsweise aus den Brückendeckarbeiten. Hier setzt die Stadt Bocholt auf innovative Produkte wie Brückendeckbohlen aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Diese werden nachträglich versiegelt und mit einer rutschfesten Membrane versehen.“ Dabei werde das Wetter entscheidend sein, denn nur bei trockener Witterung ließen sich diese Materialien verarbeiten, wie Udo Geidies, Koordinator im Baudezernat der Stadt Bocholt, hinzufügt. Er ist zuversichtlich, dass die Brücke Mitte November fertig sein wird: „Für den 23. November planen wir die offizielle Eröffnung." Bis dahin seien auch die zur Brücke hinführenden Wege fertiggestellt, so Geidies.

Die Ausstellung "Lust auf Leben" ist noch bis 30. November in der Spinnerei zu sehen.

Spinnerei schließt über den Winter

Während am nördlichen Aa-Ufer die Bauarbeiten voranschreiten, herrscht auch in der Spinnerei am Südufer Betriebsamkeit: Die Ausstellung „Maschen – Mode – Macher“ wird nach mehr als einem halben Jahr abgebaut. Museumsleiter Dr. Hermann Stenkamp zieht ein positives Fazit: „Ich bin begeistert davon, wie viele Führungen stattgefunden haben.“ Vor allem Gruppen aus der Region seien daran interessiert gewesen, da auch Strumpfhersteller aus Westfalen Bestandteil der Schau waren. „Man hat gemerkt, dass eine große Verbundenheit zu diesem Thema da ist“, so Stenkamp. Neben der Dauerausstellung „Die Macher und die Spinnerei“ ist nun noch die Fotoschau „Lust auf Leben“ an diesem Standort des LWL-Industriemuseums zu sehen, bis die Spinnerei am 30. November ihre Pforten vorübergehend schließt.

40 Jahre LWL-Industriemuseum

Nach dieser Saisonschließung wird sie am 5. April mit zwei Ausstellungen wiedereröffnet: Eine Fotoschau dokumentiert die mittlerweile 40-jährige Geschichte der LWL-Industriemuseen im kommenden Jahr. Sie macht auf ihrem Weg durch alle acht Standorte dann Station im Bocholter TextilWerk, dessen Weberei 2019 ihr 30-jähriges Bestehen als Textilmuseum feiert. Außerdem wird „Sounds of Changes“ zu sehen und vor allem zu hören sein: „Das Ausklingen des Industriezeitalters wird dabei durch die unterschiedlichsten Töne eingefangen“, erklärt Stenkamp. Zudem werde Ende Mai eine kulturgeschichtliche Modeausstellung in der Spinnerei eröffnet. Sie ist der Bocholter Beitrag zur zentralen Ausstellung „Alles nur geklaut?“ im LWL-Industriemuseum Zeche Zollern in Dortmund.

Linda Schilling

Kategorien: Spinnerei · Projekt "kubaai"